Über die autoren

Image of partner

Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung

Dieser Artikel wurde von TOBALIE in Zusammenarbeit mit Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung verfasst.

Der Wolf gilt als größtes Raubtier aus der Familie der Hunde, doch die Märchen vom bösen Wolf bleiben auch Märchen. Was du über ihn wissen solltest und wie du dich bei einer Begegnung richtig verhältst, liest du hier.

In Europa ist der europäische Grauwolf heimisch. Dieser ist weder als Kuscheltier noch als menschenfressende Bestie zu sehen, es gilt einen Mittelweg im Zusammenleben zu finden. Wölfe lernen am Erfolg und Nicht-Erfolg und geben ihre Fertigkeiten an ihren Nachwuchs weiter. Deswegen müssen wir darauf achten, ihnen nichts beizubringen, was wir nicht wollen, wie das Überklettern von Zäunen oder Annähern an den Menschen.

Wie leben Wölfe? Familie & Fortpflanzung

Beim Beobachten in Gefangenschaft lebender Wölfe entstand die Theorie, es gäbe einen Alpha-Wolf, der als Leittier das Rudel anführt. So hält sich auch bei unseren Haushunden noch hartnäckig die Dominanz-Hierarchie und Alphatheorie.

Doch freilebende Wölfe sind sehr soziale Tiere und leben in Familienverbänden. Ein Rudel bilden meistens die Elterntiere, die Jährlinge (einjährige Wölfe, Jugendliche) und die Welpen. Demnach besteht ein Wolfsrudel immer aus 5-12 Tieren.

In der Ranzzeit (Paarungszeit), von Jänner bis März, wird die Fähe (Weibchen) läufig. Beim Rüden kommt es zur Spermatogenese (Bildung von Spermien). Der Geschlechtsakt verläuft gleich wie bei den Hunden. Wurde die Fähe gedeckt, bringt sie nach ca. 63 Tagen im Durchschnitt 3-7 Welpen zur Welt. In den ersten Wochen lebt sie mit ihnen völlig zurückgezogen in der Wurfhöhle und wird vom Rüden mit Nahrung versorgt.

Nach ca. 3-4 Wochen verlässt die Fähe die Höhle immer häufiger. Die Welpen beginnen ihre Umgebung zu erkunden. Mit 6-8 Wochen ziehen sie auf den sogenannten Rendezvousplatz um. Dieser bietet eine sichere Rückzugsmöglichkeit und ausreichend Platz für erste Spiel- und Jagdversuche. Vergleichbar mit unserem Wohnzimmer, treffen sich dort alle Wölfe des Rudels und kommen immer dorthin zurück. Das ganze Rudel hilft bei der Welpenaufzucht mit. Es kommt sogar vor, dass andere Fähen scheinträchtig werden, um die Kleinen mit Milch zu versorgen, wenn die Mutter es nicht kann. Die Eltern würgen nach der Jagd einen Nahrungsbrei hervor, wenn die Welpen an ihre Wangen stupsen.

Die natürliche Sterblichkeit der Welpen liegt bei etwa 50%. Die Überlebenden sind im Folgejahr schon alt genug, um sich selbst versorgen zu können. Als sogenannte Jährlinge helfen sie nun bei der Aufzucht des neuen Nachwuchses.

Mit etwa 2 Jahren werden die Jährlinge geschlechtsreif und wandern ab, um ein eigenes Rudel zu gründen. Meist wird ein Gebiet rund 50 km vom Elternrevier entfernt gesucht.

Wölfe leben monogam und bleiben normalerweise ein Leben lang zusammen. In der Natur werden sie meist 8-10 Jahre alt, im Gehege sogar 14 und älter.

Wo leben Wölfe? Der Lebensraum

Wölfe besiedeln die unterschiedlichsten Lebensräume, in Europa vor allem Wälder. Wichtig ist, dass sie einen Rückzugsort haben, an dem sie ungestört sind. Die Größe des Territoriums richtet sich nach der Anzahl der Beutetiere. Umso mehr Nahrung vorhanden ist, umso kleiner ist das Gebiet in dem sie leben. In Europa erstreckt sich die Größe meist zwischen 150-350 km². Dieser Lebensraum wird oft mit anderen Raubtieren, wie Bären, Füchsen, Luchsen, Raubvögel, … geteilt. Teilweise profitieren sie sogar davon.

Beim Durchstreifen des Territoriums können Wölfe bis zu 70 km am Tag zurücklegen, meist sind es jedoch nur rund 20 km. Im geschnürten Trab hält der Ausdauerläufer um die 11 km/h. Bei der Jagd kann er bis zu 55 km/h schnell werden. Des Weiteren kann er sehr gut schwimmen.

Was fressen Wölfe? Nahrung & Jagd

Ein ausgewachsener Wolf (ca. 45-50 kg) benötigt je nach Energieverbrauch etwa 3-6 kg Nahrung am Tag. Vorwiegend werden Huftiere (z.B. Rehe, Wildschweine, …) gejagt, aber auch Hasen, Kleinsäuger, Insekten, Vögel, Fische, Beeren und Früchte fallen in den Speiseplan. Im Prinzip sind es Allesfresser, die sich hauptsächlich von Fleisch ernähren. Gefressen wird das ganze Beutetier samt Fell, Knochen und inneren Organen. Als Schlingfresser können sie bis zu 10 kg auf einmal fressen, dafür kommen sie dann bis zu zwei Wochen ohne Nahrungsaufnahme aus.

Gejagt wird sowohl alleine, zu zweit,  als auch im Rudel. Die gejagten Tiere sind überwiegend jung, alt oder schwach. Denn der Wolf ist ein Energiesparer und sucht sich leichte Beute, um die Gefahr bei der Jagd verletzt zu werden, möglichst gering zu halten. Sie jagen meist in der Dämmerung oder in der Nacht, da sie hier am wenigsten gestört werden.

Laut der Studie “The Wolves of Isle Royale” von D.Mech, Isle Royale, USA wurden von insgesamt 160 Elchen im Revier, 131 von den Wölfen aufgespürt. 77 von diesen Elchen wurden gestellt und 54 entkamen. Getötet wurden nur 6, was für einen Jagderfolg von 7,8% der Wölfe spricht. Man stellte fest, dass der Jagderfolg je nach Wolfspezies zwischen 4,5% und 10,8% variiert.

Der Jäger entnimmt auf einem Gebiet von 15000 Hektar 1500 Rehe pro Jahr. Ein Wolfsrudel frisst auf dieselbe Fläche gerechnet hingegen nur 400 Rehe im Jahr.

Wölfe tragen einen wichtigen Teil zu einer gesunden Vegetation bei. Denn nehmen Pflanzenfresser überhand, kann das Grün nicht wachsen und Bäume sterben durch Äsungsschäden ab. Bald ist zu wenig Nahrung für das Wild da. Der Wolf reguliert den Wildbestand und verhilft so zu einem ökologischen Gleichgewicht.

Nach der erfolgreichen Jagd ziehen sie sich an einen sicheren Ort zurück, wo sie ungestört fressen können. Ein paar Teile werden den wartenden Jungwölfen und Welpen gebracht oder vergraben. Die übrige Beute wird von anderen Tieren und Aasfressern verspeist. Oft kehren die Wölfe später zurück, um die Überreste zu fressen.

Sicherheitsgeschirr für Hund kaufen

Ist der Wolf eine Gefahr für Nutztiere?

Nutztiere, insbesondere weidende Schafe, stellen am Nahrungsplan der Wölfe nur etwa 1% dar, da sie nicht zur bevorzugten Beute gehören. Lebt man in einem Wolfsgebiet, muss man sich über die Hütesicherheit Gedanken machen. Dieses umfassende Thema lässt sich kaum in einem Absatz zusammenfassen, doch soviel sei verraten: Achte darauf, es dem Wolf so schwer wie möglich zu machen, an deine Tiere zu kommen. Am besten wären hütesichere Zäune (1,20 cm hoch), ein Untergrabungsschutz (min. 30 cm tief) und Herdenschutzhunde als „Bodyguards“. Der Wolf ist sehr intelligent, beobachtet und lernt schnell, wo eine Stelle leicht zu passieren ist. Deshalb müssen Herdenschutzmaßnahmen lückenlos und einwandfrei umgesetzt werden!

Da der Wolf nicht zwischen Wild- und Nutztier unterscheiden kann, weiß er nicht, dass die Schafe dem Menschen „gehören“. Erstmal in der Herde reißt er ein Schaf, was für ihn durch die Hormonausschüttung ein selbstbelohnendes Verhalten ist. Die anderen drängen sich zusammen. Durch den Bewegungsreiz wird der Jagdinstinkt ausgelöst und manchmal mehrere Tiere getötet. Würden sie nicht vom Menschen gestört werden und Kadaver beseitigt werden, würden sie zurückkommen um die Tiere zu fressen. Auch andere Tiere und Aasfresser hätten etwas davon. Die Nutztiere wären also nicht „umsonst“ gestorben.

Ist der Wolf gefährlich für den Menschen?

Wirklich zur Gefahr wird der Wolf eigentlich nur dann, wenn er Tollwut hat oder durch extreme Habituierung, sprich gelernt hat sich vor Menschen nicht zu fürchten. Das passiert zum Beispiel, wenn Wölfe als Welpen oder Jungtiere Futter vom Menschen bekommen haben.

Was soll man machen, wenn man einem Wolf begegnet?

Der Mensch fällt eindeutig nicht in das Beuteschema des Wolfes. Um dich gleich zu beruhigen, aus heutiger Sicht ist der Wolf kaum eine Gefahr für den Menschen. Da Wölfe eher scheu sind, vermeiden sie jeglichen Kontakt mit dem Menschen und flüchten, wenn sie können. Mit viel Glück kannst du einen Wolf auf eine gewisse Entfernung beobachten. Durch menschliches Fehlverhalten, wie etwa Anfüttern, künstliche Fütterung, Bedrängung, … verliert der Wolf die angeborene Scheu vor dem Menschen oder bekommt Angst und greift deshalb an. Vor allem junge Wölfe sind oft neugierig und nähern sich.

Verhalten bei Wolfsichtung:

  • Laufe niemals davon! Nur Beute läuft weg.
  • Ruhig bleiben!
  • Blick immer zum Wolf.
  • Foto machen und später an die Behörde schicken (denn Schäfer bekommen Unterstützung zu Herdenschutzmaßnahmen, wenn sie in einem Wolfsgebiet leben)
  • Verhalte dich laut, auffällig, mach dich groß, sei präsent und klatsche in die Hände. Auch eine Pfeife kann hilfreich sein, um den Wolf zu verscheuchen.
  • Du kannst ganz langsam rückwärtsgehen. Drehe dem Wolf dabei nicht den Rücken zu.
  • Sollte der Wolf dir wider Erwarten folgen, schüchtere ihn weiter ein und wirf im Notfall z.B. einen Schlüsselbund nach (nicht auf) ihm.
  • Solltest du einem Rudel begegnen, handelt es sich wahrscheinlich um Jungtiere auf Entdeckungstour. Verhalte dich gleich wie bei einem Wolf.
  • Siehst du einen Wolf beim Fressen, gehe langsam zurück und nähere dich nicht weiter an.
  • Den Wolf niemals füttern, Abfall in Menschennähe vermeiden, auch kein Tierfutter vorm Haus stehen lassen, um Wölfe nicht an den Menschen zu gewöhnen.

Wie reagiere ich auf den Wolf, wenn mein Hund dabei ist?

  • Selbes Verhalten wie ohne Hund
  • In den meisten Fällen ist auch diese Situation ungefährlich
  • Halte deinen Liebling bei dir an kurzer Leine
  • Lasse ihn nicht zum Wolf laufen, kommt es hart auf hart zieht der Hund meist den Kürzeren. (Wölfe können deinen Hund als Eindringling oder Beute sehen)
  • In seltenen Fällen kann sich die Fähe in der Paarungszeit an deinem Rüden interessieren, du solltest dich aus der Situation entfernen und ihn knapp bei dir halten.
  • Jagdhunde im Wolfgebiet sollten, bei der Bewegungsjagd, möglichst spät von der Leine gelassen werden, damit die Wölfe sich zurückziehen können. Schweißhunde sollten an Schleppleinen geführt werden, da verletztes wild womöglich schon von Wölfen als Beute in Besitz genommen wurde.

Auch Kinder sollten in der Nähe der Eltern bleiben und nicht laufen!

Wie unterscheiden sich Hunde und Wölfe?

Grauwolf

  • Rute (Schwanz) relativ gerade herunterhängend, buschig, schwarze Rutenspitze
  • Fellfarbe grau, braun, schwarz, weiß in diversen Schattierungen
  • Helle Partie um die Schnauze und Kehle, dunkle Sattellinie und heller Sattelfleck
  • Ohren relativ klein, dreieckig und aufgerichtet
  • Augenfarbe hellbraun bis gelb
  • Gangart: Hinterpfoten meist in gleicher Spur der vorderen (geschnürter Trab), konstantes Tempo
  • Lange Schnauze

Hund

  • Rute oft gehoben, in diversen Optiken

  • Alle Farben und Schattierungen

  • Meist weniger deutliche Fellzeichnungen

  • Ohren meist deutlich größer, oft hängend
  • Augenfarbe meist dunkelbraun, grün oder blau
  • Laufen meist ungleichmäßig, Tempowechsel, gehen zur Seite
  • Meist deutlich kürzere Schnauze

Auch in der Körpersprache unterscheiden sie sich. Vor allem das typische Heulen haben nur wenige Hunderassen im Repertoire. Es dient den Wölfen zur Kommunikation auf weite Distanzen. 6-12 km können sie das Heulen der Artgenossen hören. Es fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl; teilt anderen Rudeln mit, dass dieses Revier bereits belegt ist; stimmt auf die Jagd ein und signalisiert die Partnersuche, um Kontakt zu einem anderen einsamen Wolf zu bekommen. Wölfe haben untereinander eine viel ausgeprägtere Körpersprache als Hunde.

Wenn sich Wölfe mit Hunden paaren…

…entstehen Wolfshybriden. Hunde und Wölfe können sich miteinander paaren. Dies geschieht eigentlich nur vom Menschen gewollt, denn in der Natur werden Fähen immer Wolfsrüden bevorzugen. Wolfsrüden müssten andersrum genau zu der Zeit Sperma produzieren, in der eine Hündin läufig ist.

Vor allem in menschlicher Obhut treten häufig Probleme auf. Denn ihre Körpersprache lässt sich meist schwer deuten, das macht sie unberechenbar. Sie sind weder Hund noch Wolf und können sehr misstrauisch und schreckhaft sein. Fühlen sie sich in die Enge getrieben, setzen sie sich zur Wehr. Sie graben gerne und sind Meister im Ausbrechen.

Der Wolf ist ein Wildtier, das sollte man immer im Hinterkopf behalten. Vermischen sich die Gene ist auch Artenschutz ein Thema. Denn das Genpool der Wölfe wird kleiner, wenn sich „Hundegene“ dazu mischen. Deshalb ist darauf zu achten, keine Wolfshybriden in die freie Wildbahn zu entlassen.

Fotoquelle: Wolfcenter Dörverden

Fazit

Der Wolf wurde lange Zeit beinahe ausgerottet und verdrängt, da er einen schlechten Ruf hatte. Heute siedelt sich der Grauwolf nach und nach wieder in Europa an. Er trägt zu einer gesunden Vegetation bei und stellt in erster Linie keine direkte Bedrohung für den Menschen dar. Lediglich ein paar Punkte sollten in Wolfsgebieten beachtet werden. Wichtig ist aufzuklären, sich zu informieren (https://www.wolfcenter.de/) und Märchen, wie „Rotkäppchen und der böse Wolf“, nicht ernst zu nehmen.