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Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung

Dieser Artikel wurde von TOBALIE in Zusammenarbeit mit Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung verfasst.

Unter aversiven Trainingsmethoden versteht man Methoden, bei denen das Tier durch Abschreckung, Unterdrückung, Strafe oder unangenehme Reize ein für den Menschen falsches Verhalten ändern soll. Einen Hund mit Gewalt zu erziehen ist nicht nur tierschutzrelevant, sondern auch keine langfristige Lösung. Im Hundetraining gilt es also auf moderne Methoden zu achten.

Das Problem ist, dass es kurzfristig funktioniert, dem Tier aber nicht die Möglichkeit gegeben wird, zu verstehen warum es z.B. einen Schmerzreiz bekommen hat. Es wird sein Verhalten aus Angst vor möglichen erneuten Schmerzen einstellen, weiß aber nicht, was es stattdessen tun soll und verfällt in eine sogenannte erlernte Hilflosigkeit. (Stichwort: Kontrollverlust.) Die Konsequenz daraus sind unvorhersehbare Hunde, welche oft zu „tickenden Zeitbomben“ werden, die dann aus Frust, Angst und Hilflosigkeit „plötzlich“ zubeißen können.

Was sind aversive Methoden?

  • Schläge, Tritte, Kneifen, Ohrenziehen
  • Leinenruck
  • Flooding (Reizüberflutung)
  • Alphawurf
  • Schock- und Schreckreize (Wasserspritze, Rappeldosen, Nachwerfen von Gegenständen, …)
  • Entzug von Wasser und Futter
  • Nackenschütteln
  • Sprüh-, Vibrations-, Elektroschock-, Würge- oder Stachelhalsbänder
  • Klatschen oder andere plötzliche laute Geräusche
  • Schnauzengriff
  • Moxonleine (bei nicht sachgemäßem Gebrauch), Zughalsband
  • Halti (bei nicht sachgemäßem Gebrauch)
  • Anschreien
  • Bzw. all das, was deinem Tier Angst und/oder Schmerzen bereitet

Was ist der “Sinn” hinter Strafe?

Lerntheoretisch gesehen bedeutet Strafe für den Hund, dass man dem Tier etwas für ihn Unangenehmes zufügt oder ihm etwas Positives nimmt.
Selbst wenn man den Hund immer „richtig“ straft (zum exakt richtigen Moment, IMMER wenn das unerwünschte Verhalten auftritt, hart genug-aber nicht zu hart, angekündigt, die Strafe nicht mit dem Halter verknüpft …), bleibt die Frage nach dem Zweck offen. Denn das Tier gewöhnt sich mit der Zeit sogar an die aversiven Einwirkungen. Damit trotzdem eine Wirkung vorhanden ist, muss die Strafeinwirkung in dem Sinne immer härter werden. Das Tier hat dann nur noch die Möglichkeit, sich zu wehren oder in die erlernte Hilflosigkeit zu fallen.

Die klassische Strafe wird als positive Strafe bezeichnet. Mehr dazu findest du hier.

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Welche Probleme entstehen durch gewaltsames Hundetraining?

  • Vertrauensverlust: Das Tier weiß genau, von wem die Strafe ausgeht. Dies schädigt eure Beziehung immens! Dein Tier wird in überforderten Situationen nicht mehr deine Nähe suchen, um Schutz zu finden, sondern entfernt sich von dir.
  • Dauerstress/Angst: Dein Tier lebt in der ständigen Angst, gleich wieder gestraft zu werden. Mal wird es gestreichelt, mal von der selben Hand verletzt. Oft werden die Tiere im Alltag unsicher und zucken bei kleinsten Geräuschen oder Bewegungen zusammen.
  • Kein Lernfortschritt: Unter Stress ist das Lernen blockiert. Der Lernerfolg bleibt aus. Was oft als “brav” wahrgenommen wird, ist ein völlig verängstigtes Tier, welches aus Angst vor Schmerzen still ist.
  • Plötzliche Aggression: Irgendwann kocht der Topf über und das Tier beißt etwa “plötzlich” zu. Plötzlich deshalb, weil ihm meist die Körpersprache abtrainiert wurde und es in der Eskalationsskala einige Beschwichtigungssignale nicht mehr zeigen durfte.
  • Fehlverknüpfungen: Es passiert schnell, dass dein Tier Ängste entwickelt oder aggressiv auf Reize reagiert. Etwa durch die Wasserspritze können Ängste vor Wasser entstehen, aber auch das gesehene negativ assoziiert werden (schaut dein Tier gerade ein anderes an und wird vom Wasserstrahl getroffen, kann es sein, dass es das andere Tier negativ verknüpft und in Zukunft mit Vorsicht oder Aggression reagiert).
  • Nicht nachhaltig: Durch Strafe mag man ein “Problem” augenscheinlich schneller in den Griff bekommen, doch dein Tier weiß nicht, welches Verhalten von ihm gewünscht ist. Es verfällt schnell in alte Muster oder entwickelt andere unerwünschte Verhaltensweisen.
  • Gesundheit: Die Psyche leidet sehr unter diesen Methoden, doch auch der Körper kann Schäden davontragen. Etwa kann man durch Leinenruck einen Bandscheibenvorfall auslösen.

Vom Gegeneinander zurück zum Miteinander!

Wer möchte schon, dass sich das eigene Tier vor einen selbst fürchtet?! Es kommt zwar vielleicht kuscheln, hat aber ständig Angst, dass dieselbe Hand es schlägt. Kannst du dir vorstellen wie es ist in der ständigen Angst vor Schmerzen leben zu müssen? Wäre es nicht besser, dein Tier vertraut dir, hat sein Leben im Griff und kommt in schwierigen Situationen zu dir?

Ein Beispiel: Du gehst mit einer Freundin spazieren. Immer wenn sie in deinen Augen etwas falsch macht, z.B. die linke Hand hebt, gibst du ihr einen leichten Schlag. Anfangs wird sie dich fragen was das soll. Das würde das Tier auch, wenn es könnte. Angenommen du schlägst deine Freundin weiter, wird sie wahrscheinlich böse werden. Werden deine Schläge daraufhin stärker und sie weiß immer noch nicht, warum du das tust, wird sie schon so in Erwartung der Strafe sein und ständig damit rechnen. Das führt zu einem chronischen Stress und genau das hat dein Tier, wenn du es mit aversiven Methoden erziehst.

Aus tierschutzrechtlichen Gründen ist es außerdem strengstens verboten mit aversiven Trainingsmethoden und Mitteln zu arbeiten! Mehr dazu kannst du im österreichischen Tierschutzgesetz nachlesen.

Die Krux mit der Rangordnungstheorie im Hundetraining

Man beobachtete in Gefangenschaft lebende Wolfsrudel und nahm an, dass Aggression und andere „Verhaltensprobleme“ die Folge von Dominanz seien. Man ging davon aus, dass Wölfe in einer strikten Rangordnung leben würden (Rangordnungstheorie). Es handelte sich um künstlich zusammengeführte Tiere unterschiedlichen Alters, Geschlechts und unterschiedlicher Familien, die keine Möglichkeit dazu hatten, sich aus dem Weg zu gehen oder abzuwandern.

Diese Annahmen wurden schon lange, unter anderem von dem Mitwirkenden der Theorie Prof. David Mech selbst, widerlegt und richtiggestellt. Wölfe leben in Familienverbänden! Geleitet wird das Rudel von den Elterntieren mit der meisten Erfahrung, die juvenilen Wölfe helfen bei der Welpenaufzucht bevor sie losziehen, um ihr eigenes Rudel zu gründen.

Leider halten viele Menschen, unter anderem TrainerInnen, noch immer an der Rangordnungstheorie fest. Sie denken, die Tiere seien dominant und wollen uns etwas Böses. Dem müsse man mit Strafe und Härte begegnen, um dem Tier zu zeigen, wer das Alpha ist. Dies hat jedoch nichts mit modernen Lerntheorien zu tun. Ganz im Gegenteil: jeder, der schon einmal versucht hat unter Angst oder Stress etwas zu lernen, weiß, dass dies unmöglich ist. Denn das Gehirn ist in so einer Situation auf Kampf oder Flucht geschaltet und nicht aufnahmefähig. Sobald Futter nicht mehr angenommen wird, kann man davon ausgehen, dass das Tier zu gestresst ist, um zu verstehen und zu lernen.

Die Alternative zum aversiven Hundetraining:

Es ist also in erster Linie wichtig herauszufinden, warum dein Tier das ein oder andere Verhalten zeigt und am Ursprung des Problems anzusetzen. Ist dein Tier zum Beispiel aggressiv fremden Menschen gegenüber, bringt es nichts, es dafür zu bestrafen. Die Ursache könnten schlechte Erfahrungen sein, weshalb es sich fürchtet. Dann gilt es, dem Tier die Angst zu nehmen. Anstatt zu korrigieren, was dir nicht gefällt, lässt du dein Tier erst gar nicht in für es unangenehme, Situationen kommen und belohnst es für erwünschtes Verhalten. Dabei sollte das Hundetraining sowohl Mensch, als auch Tier immer Spaß machen. Achte also darauf, deinen Liebling zu motivieren und ihm genügend Erfolgserlebnisse einzuräumen. Auch die Bedürfnisse sollten befriedigt sein, um effizient zu trainieren.

Du wirst sehen, wie ihr als Team zusammenwachst und auf Dauer harmonisch zusammenleben könnt. Auch wenn es oft die langsamere Variante am Weg zum Ziel ist, ist es doch die einzig Nachhaltige. Zum Wohle deines Tieres und eurer Bindung raten wir dir daher, unbedingt mit artgerechten und gewaltfreien Erziehungsmethoden, etwa beim Hundetraining, zu arbeiten. Am besten du holst dir dabei professionelle Unterstützung bei einer/m geprüften TrainerIn holen, der/die tierschutzkonform und gewaltfrei arbeitet. Du wirst sehen, wie leicht und schön diese Art des Trainings ist.

Bitte melde uns, solltest du über die Map doch an eine/n TrainerIn geraten der/die aversive Trainingsmethoden einsetzt! Denn bei uns steht tierschutzqualifiziertes und gewaltfreies Tiertraining an erster Stelle.

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FAZIT

Aversive Trainingsmethoden basieren auf Strafe und haben psychische und körperliche Folgen für dein Haustier. Dein Tier lernt einzig, dass es dir nicht vertrauen kann. Es weiß weder, warum es bestraft wird, noch was es stattdessen tun soll. Achte also darauf, dass dein Liebling Spaß beim Training hat und versteht, was du möchtest. Im Hundetraining achte bitte auf moderne Methoden. Durch Belohnung und Lernerfolge ist dein Vierbeiner auch motiviert weiter zu lernen und eure Bindung wird davon ungemein profitieren!