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Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung

Dieser Artikel wurde von TOBALIE in Zusammenarbeit mit Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung verfasst.

Die sogenannten Beschwichtigungssignale (hierfür gibt es verschiedene Bezeichnungen, wie Calming Signals) dienen den Caniden vor allem dazu, Konflikte zu deeskalieren, beziehungsweise erst gar keine entstehen zu lassen. Sie werden gezeigt, um Bedrohungen, Konflikte und Probleme zu vermeiden. Als sehr soziale Wesen haben sie eine feine Körpersprache.

Wann zeigt der Hund Beschwichtigungssignale?

Sie werden in erster Linie vorbeugend gezeigt, um keinen Konflikt entstehen zu lassen. Sieht der Hund zum Beispiel einen Artgenossen wird er sofort ein Signal senden, um zu zeigen, wie freundlich er gesinnt ist und sich in guter Absicht nähert. Der entgegenkommende Hund weiß so, dass er nichts Böses zu befürchten hat. Aber auch bei lauten Geräuschen, Schrecksituationen, Unruhe, Stress oder unangenehmen Situationen werden die Signale gezeigt, um sich selbst und alle Beteiligten zu beruhigen.

Woher lernt der Hund Calming Signals?

Diese Form der Konfliktvermeidung ist angeboren. Welpen zeigen vom ersten Tag der Geburt an z.B. das Gähnen. Die Hunde lernen jedoch im Laufe ihres Lebens, welche Signale für sie sinnvoller sind als andere. Denn durch Zucht wurde ihr Aussehen teilweise stark verändert, wodurch sie ihre Ausdrucksform anpassen mussten. So wird sich etwa ein stark behaarter Hund eher abwenden, als mit seinen Augen zu blinzeln, denn dieses Signal wird aus der Ferne schnell übersehen.

Darum ist eine gute Sozialisierung essenziell, denn nur so haben Hunde die Möglichkeit ihr Ausdrucksrepertoire auszutesten und später gezielt einzusetzen. Umso mehr Rassen, Typen, aber auch Umweltreize die jungen Hunde kennenlernen, umso besser sind sie aufs Leben vorbereitet.

Hunde können Beschwichtigungssignale „lernen“ und „verlernen“. Je nachdem wie ihre Umwelt auf die Signale reagiert, wird sie der Hund häufiger oder weniger oft, bis gar nicht mehr zeigen und dann in der Eskalationsskala einen Schritt weiter gehen. Darum ist es so wichtig, dass du die Signale verstehst und ernst nimmst! Hier eine Übersicht der häufigsten Beschwichtigungssignale:

ABC der Calming Signals

Alle Signale können schnell, langsam, kurz, übertrieben oder auf ganz eigene Art gezeigt werden. Es braucht etwas Übung, um sie nicht zu übersehen.

Abwenden: Hierbei kann nur der Kopf oder der ganze Körper zur Seite gedreht werden.

Augen: Stark zur Seite schauen (oft, wenn ein Abwenden nicht möglich ist oder der Hund erstarrt), nach links und rechts rollen, Zusammenkneifen, Zwinkern, Augenlider senken und den Blick „weicher“ machen, auch die Augenbrauen können z.B. hochgezogen werden.

Blinzeln: Augen auf und zu machen, oft sehr schnell.

Bogen gehen: Hunde gehen normalerweise nicht frontal auf etwas oder jemanden zu, sondern immer im leichten Bogen.

Buddeln: Wird z.B. ein Spiel zu wild, kann man oft beobachten, dass ein Hund anfängt zu buddeln.

Clown spielen: Kindisches und übertriebenes Verhalten.

Dazwischengehen oder Splitten: Dabei stellt sich der Hund zwischen die anderen. Meist wenn eine Situation zu kippen droht. Durch dieses dazwischendrängen soll Distanz der anderen geschaffen werden, quasi als Barriere, um Konflikte zu vermeiden. Dies machen Hunde auch, wenn ihr/e HalterIn einem anderen Hund oder auch Menschen zu nahekommt. Wir Menschen denken dann an Eifersucht, doch eigentlich will der eigene Hund uns vor einem Konflikt bewahren.

Ducken: Dabei macht sich der Hund klein. Manchmal wir nur der Kopf gesenkt oder auch der ganze Körper.

Erstarren: Auch Freeze oder Einfrieren genannt. Der Hund erstarrt in seiner momentanen Körperhaltung und ist passiv. Wie angewurzelt wartet er, bis die scheinbare Gefahr vorüber ist, erst dann lösen die Hunde diese Haltung langsam wieder auf.

Gähnen: Meist wird übertrieben gegähnt, manchmal auch mit einem langgezogenen Laut.

Hinlegen: Sich hinzulegen wirkt stark beruhigend und ist auch von weitem gut zu sehen.

Hinsetzen: Plötzliches hinsetzen, oft drehen sie sich vorher um oder leicht zur Seite.

Ignorieren: Wird es dem Hund zu viel, ignoriert er die anderen und setzt zudem weitere Signale ein, um auszudrücken, dass er genug hat.

Kratzen: Auch sich zu kratzen demonstriert gute Absichten. Oft kratzen sich unsere Hunde auch in stressigen Situationen.

Lecken: Manchmal kann man beobachten, wie Hunde die z.B. am Arm gehalten werden, den Menschen hastig ablecken. Dies ist meist kein Zeichen von Zuwendung, sondern von Stress. Der Hund möchte hinunter. Wird er jedoch festgehalten kann er oft nur wenig andere Signale zeigen.

Pföteln: Hierbei wird eine oder beide Vorderpfoten hintereinander angehoben.

Rücken zuwenden: Sich abzuwenden und den Rücken zu zeigen soll die Situation entspannen.

Schnüffeln: Dies kann ein kurzes oder ein ausgiebiges Schnüffeln, meist am Boden, sein. In jedem Fall werden die Augen weiterhin auf die Umgebung gerichtet, um im Blick zu haben, was gerade versucht wird zu beschwichtigen.

Schütteln: Dies beobachtet man vor allem nach einer stressigen Situation, quasi um den Stress abzuschütteln.

Schmatzen: Auch mit der Zunge zu „schlagen“ kann Unwohlsein ausdrücken.

Tempo: Langsame Bewegungen, denn schnelle wirken bedrohlich. Manche Hunde drosseln ihr Tempo nur ein wenig, andere so stark, dass wir kaum noch eine Bewegung sehen können.

Urinieren: Auch das Markieren kann der Beschwichtigung dienen.

Vorderkörpertiefstellung (play bow): Vorderpfoten nach vorne gestreckt, Oberkörper gesenkt, Hinterteil in der Höhe. Dies ist auch eine typische Spielaufforderung, kann in manchen Fällen aber auch der Beschwichtigung dienen.  Nicht zu verwechseln mit der sogenannten prey bow. Die sieht der play bow ähnlich, nur werden die Vorderpfoten nicht weit auseinander, sondern parallel gehalten. Sie wird etwa bei der Verhandlung um eine Ressource eingesetzt.

Wedeln: Wedeln kann vieles Ausdrücken. Zusammen mit anderen Beschwichtigungssignalen, kann es auch der Beschwichtigung dienen.

Züngeln: Dabei leckt sich der Hund über die Nase. Das über den Fang lecken kann man sehr häufig sehen.

Übersprungshandlung: Manchmal zeigen Hunde plötzlich ein „unpassendes“ Verhalten, welches scheinbar nicht zur Situation passt. Da diese Verhaltensweise meist in für den Hund unangenehmen oder angespannten Situationen gezeigt wird, kann man sie zu den Beschwichtigungssignalen zählen. Denn es ist nichts anderes als eine Beschwichtigung, die für uns aus heiterem Himmel kommt, jedoch bei genauem Hinsehen sehr wohl mit der Ausgangssituation in Zusammenhang steht.

Hundegeschirr Konfigurator

Wann zeigt ein Hund Beschwichtigungssignale?

Mögliche Situationen:

  • In Situationen in denen sich der Hund unwohl oder unsicher fühlt.
  • Du umarmst deinen Hund und es wird ihm zu eng.
  • Ein Artgenosse nähert sich.
  • Etwas oder jemand nähert sich zu schnell oder frontal.
  • Jemand beugt sich über ihn und er fühlt sich bedroht.
  • Er ist unsicher.
  • Der Hund fühlt sich bedroht.
  • Er ist gestresst.
  • Er sieht ein Objekt, das ihm nicht geheuer ist.
  • Es ist ihm zu viel Trubel.
  • Uvm.

Wie sollte man auf Beschwichtigungssignal reagieren?

Dies ist situationsabhängig. In jedem Fall gilt es diese ernst zu nehmen und den Hund nicht weiter zu bedrängen oder ihn weiter in die Situation zu zwingen. Finde heraus, was deinen Hund beunruhigt und gehe darauf ein. Zeigt dein Hund dir gegenüber beschwichtigenden Signalen, versuche deine Körpersprache, deine Stimme oder die Situation anzupassen, um es für deinen Hund angenehmer zu machen. Ist ihm zum Beispiel ein Gegenstand nicht geheuer schaut ihn euch gemeinsam an und belohne deinen Vierbeiner für jeden Blick und jede Annäherung an das Objekt.

Beschwichtigungssignale Hund

Fazit

Beschwichtigungssignale, Calming Signals oder wie auch immer du sie nennen magst, sind ein wichtiger Teil der Hundesprache. Sie sollen friedenstiftend wirken, beruhigen und Konflikte vermeiden. Nimm die Signale der Hunde ernst, damit sie nicht zu „härteren Maßnahmen“ übergehen müssen und in ein Aggressionsverhalten kommen. Beobachte die Hunde, um die Sprache zu verstehen und sie einschätzen zu können, nur so werden Missverständnisse verhindert.