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Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung

Dieser Artikel wurde von TOBALIE in Zusammenarbeit mit Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung verfasst.

Aufgrund mangelnder Aufklärung werden die Menschen verunsichert und gegen Hunde aufgebracht. Darum informiere dich bevor du dir ein Urteil bildest. Das Thema Listenhunde (im Volksmund irrtümlich auch “Kampfhunde” genannt) spaltet leider immer wieder die Nation. Die Meinungen darüber gehen stark auseinander. Auf der einen Seite werden sie gefürchtet, auf der anderen Seite besonders wertgeschätzt. Doch wie werden Listenhunde im Allgemeinen definiert und wer legt fest, welche Rasse als Listenhund zählt? Macht es überhaupt Sinn, bestimmte Hunderassen auf eine Gefahrenliste zu setzen? 

Definition Listenhund versus „Kampfhund“

Der Begriff „Kampfhund“ stammt aus einer Zeit (leider teilweise noch heute), als Hunde für Tierkämpfe eingesetzt wurden (gegen Artgenossen, Bären ect.). Demnach bezeichnete „Kampfhund“ ursprünglich keine bestimmte Hunderasse, sondern ein gewisses Einsatzgebiet des Hundes. Ein großer Irrglaube ist demnach die Gleichsetzung der beiden Begriffe. Ein Listenhund ist nicht automatisch ein „Kampfhund“. Achtung Spoiler: Es sagt nichts darüber aus, ob der Hund ein vermehrtes „Kampf – bzw. Aggressionspotential“ hat oder nicht. Listenhunde hingegen sind Hunde die auf der Liste für gefährliche Hunde stehen und dadurch gelten für diese strengere Gesetzte.

Gesetzeslage

Die Regierung legt fest, welche Rassen im Tierhaltegesetz als Listenhunde geführt werden. Jedoch kann jedes Bundesland eigens darüber entscheiden, welche Auflagen an den/die HalterIn gerichtet werden und welche Rassen als Listenhunde gelten. Über die Bundesländer kannst du dich auf folgender Website informieren: https://www.oesterreich.gv.at/themen/freizeit_und_strassenverkehr/haustiere/1/2.html

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Zum Kampf geboren? Macht eine Rassenliste Sinn?

In gewisser Weise hat diese Frage auch einen philosophischen Charakter. Können Lebewesen überhaupt „böse“ geboren werden? Was ist das „Böse“? Hat es nicht vielmehr mit Erziehung, Erfahrung und generellen Umweltfaktoren zu tun? Davon auszugehen, dass ein Hund einer bestimmten Rasse von Geburt an gefährlich ist, ist ein ziemlich falscher Trugschluss. Einen „Listenhund“ als gefährlich einzustufen, bedeutet demnach nicht, dass dieser Hund im Laufe seines Lebens auffällig wird. Auf der anderen Seite kann man letztendlich auch nicht ausschließen, dass ein „Nicht-Listenhund“ „aggressiv“ gegenüber anderen Hunden oder Menschen wird. Die Frage, die sich daraus erschließt, ist nun folgende: Macht es überhaupt Sinn, Hunde nach Rassen pauschal zu differenzieren?

Natürlich kann man sagen, dass einige Rassen auf der Liste, sich in ihrer körperlichen Erscheinung und in ihrer Kraft deutlich von anderen Rassen unterscheiden und dadurch einen größeren „Schaden“ anrichten können, als kleine Hund. Per se aber zu sagen, jene Rassen seien „gefährlicher“ und im Allgemeinen angriffsbereiter, ist falsch. Mittlerweile hat auch die Veterinärmedizinischen Universität Wien – im Auftrag des Sozialministeriums 05/2019 in einer Studie belegen können, dass eine rassespezifische Gefährlichkeit wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden kann. Auch die Bissstatistiken stimmen nicht mit den Rassen der Listenhunde überein.

Was würde nun Sinn machen?

Vielmehr ist das andere Ende der Leine gefordert. In einem ersten Schritt sollte man sich darüber im Klaren sein, dass beim Verhalten etliche Faktoren (Umwelt, Erziehung, Erfahrung, Genetik) eine Rolle spielen. Auch das Verhalten der Mutterhündin kann einen Einfluss haben. Wenn diese in ihrem Hundeleben gelernt hat, sich nur durch „aggressives Verhalten“ verteidigen zu können, kann sich diese Verhaltensweise auch auf die Welpen projizieren. 

Hat ein Hund gelernt mit Beschwichtigungssignalen nicht weiter zu kommen muss er an der sogenannten Eskalationsskala eine Stufe weiter gehen, um ernst genommen zu werden. Darum ist es so wichtig die Körpersprache der Hunde zu verstehen, Hunde gut zu sozialisieren und die Menschen aufzuklären. Nur so können Beißvorfälle verhindert werden.

Jede/r HalterIn eines Hundes (unabhängig von der Rasse), muss sich über seine Pflichten und seine Verantwortung gegenüber seinem Schützling, anderen Personen und Tieren bewusst sein. Hier gilt es auf die individuellen Bedürfnisse des Hundes zu achten und diesen ernst zu nehmen. Wenn ein Hund eine auffällige Verhaltensweise zeigt, gibt es in den meisten Fällen einen Grund. Diesen Grund gilt es zu erforschen und da kommt wieder der/die HalterIn ins Spiel. Die gute Nachricht: Erlerntes kann durch alternatives Verhalten „ersetzt“ werden. Ein „Problemhund“ kann mit gezieltem Training lernen mit freundlichem Verhalten weiter zu kommen als mit aggressivem. Falls du dabei Hilfe benötigst, kannst du unter TrainerInnen eine qualifizierte Person kontaktieren. 

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Fazit

Nein, sogenannte Listenhunde sind keine Kampfmaschinen, die ein bestimmtes „Kampfgen“ von Geburt an vererbt bekommen haben. Bei der Entwicklung eines bestimmten Verhaltens spielen etliche Faktoren eine entscheidende Rolle. Nichtsdestotrotz gibt es derzeit in Österreich gewisse Gesetze, an die sich jede/r HalterIn einer dieser Rassen halten muss.