Bei der Propriozeption (Tiefensensibilität) handelt sich um die Eigenwahrnehmung und spielt eine wichtige Rolle für die Beweglichkeit. Wozu der Hund das braucht und wie du es schulen kannst, erfährst du hier.
Was ist Propriozeption?
Dabei handelt es sich um die Körperwahrnehmung und die Fähigkeit zu wissen in welcher Position man im Raum steht, ohne dabei auf visuelle Informationen angewiesen zu sein. Die Signale kommen nämlich von innen. Durch die Propriozeptoren in den Muskeln und Gelenken werden Informationen über Haltung, Muskelspannung, Bewegung und Position vermittelt.
Sich selbst zu spüren ist auch für unsere Hunde sehr wichtig. Dadurch weiß er etwa, dass er gerade liegt, sitzt oder steht und ob er sich auf einem geraden oder unebenen Untergrund befindet.
Wie funktioniert die Propriozeption?
Dieses sensorische Feedback läuft unbewusst ab. Dein Hund muss nicht erst berechnen, wie weit er seinen Kopf zu deiner Hand strecken muss, um an das Leckerli zu kommen. Täglich korrigiert er tausende Male seinen Körper, darüber muss er nicht nachdenken. Steht er etwa auf etwas drauf richtet sich sein Körper automatisch gerade, um nicht umzufallen.
Das propriozeptive System ist ein wichtiger Bestandteil des Nervensystems und besteht aus speziellen Nervenrezeptoren (Propriozeptoren), die in den Muskeln, Gelenken, Sehnen und Bändern verteilt sind. Diese Rezeptoren registrieren ständig die Dehnung, Spannung und Position des Gewebes und senden Informationen an das Gehirn. So kann eine genaue Wahrnehmung der Körperhaltung und -bewegung aufrechterhalten werden.
Wozu ist die Propriozeption beim Hund wichtig?
Die Propriozeption ist für die körperliche Koordination, das Gleichgewicht und die Feinmotorik von entscheidender Bedeutung. Dadurch ist es möglich, alltägliche Aktivitäten mühelos auszuführen. Es hilft dem Hund sich geschickter zu bewegen, das Gleichgewicht zu halten und beugt Verletzungen, etwa durch Umknicken oder Stürzen, vor. Es hilft schneller auf unvorhergesehene Dinge zu reagieren, etwa einen Ball zu fangen beziehungsweise schnell zur Seite zu springen, um nicht getroffen zu werden.
Bei einer Tiefensensibilitätsstörung können Abstände und die Position, in der wir uns befinden nicht mehr richtig eingeschätzt werden. Dadurch kann es zu vermehrter Unsicherheit und erhöhtem Verletzungsrisiko kommen.

Was sind die Auswirkungen einer gestörten Propriozeption beim Hund?
Man selbst kennt vielleicht die Herausforderungen, wenn einem das Bein einschläft und nicht mehr stabil stehen kann oder unter Alkoholeinfluss den Schlüssel nicht mehr ins Schlüsselloch trifft.
Eine Störung kann etwa durch neurologische Erkrankungen, Verletzungen, Muskel – und Gelenkproblemen, oder altersbedingte Veränderungen auftreten. Beim Hund kann dies dann zu folgenden Problemen führen:
- Koordinationsschwierigkeiten: Hunde mit gestörter Propriozeption können Schwierigkeiten haben, ihre Bewegungen präzise zu koordinieren. Sie könnten unkoordiniert oder unsicher wirken. Auch Schwierigkeiten beim Gehen, Laufen oder Springen können sichtbar sein.
- Gleichgewichtsstörung: Eine gestörte Tiefensensibilität kann zu einem schwachen Gleichgewichtssinn führen. Die Hunde werden dadurch anfälliger für stolpern, umkippen oder hinfallen.
- Eingeschränkte Bewegungsfreiheit: Manche Hunde können sich dadurch steif oder ungeschickt bewegen. Die Schwierigkeit sich weich, fließend und natürlich zu bewegen, wirkt sich auf ihre alltäglichen Aktivitäten und ihre Lebensqualität aus.
- Erhöhtes Verletzungsrisiko: Wenn ein Hund nicht in der Lage ist, seine Gliedmaßen und seinen Körper richtig wahrzunehmen und zu kontrollieren, steigt das Risiko einer Verletzung. Stürze, Verdrehungen und andere Unfälle können häufiger vorkommen.
- Muskelverspannungen und Muskelschwund: Eine gestörte Propriozeption kann dazu führen, dass bestimmte Muskelgruppen nicht ausreichend aktiviert oder belastet werden. Dadurch kann es zu Muskelverspannungen oder sogar Muskelschwund kommen, da einige Muskeln nicht ausreichend oder gleichmäßig genutzt werden.
- Schmerzen: Auch Schmerzen oder Beschwerden können auftreten, da sie möglicherweise unnatürliche Bewegungsmuster entwickeln, um ihre Propriozeptionsdefizite auszugleichen.
Mit welchen Hunden sollte man Tiefensensibilitätsübungen machen?
Im Prinzip mit allen Hunden. Sollte dein Liebling allerdings verletzt sein oder neurologische Probleme haben, wende dich unbedingt an eine/n Tiermediziner/in oder PhysiotherapeutIn, um die richtigen Übungen zu wählen.
- Welpen: Die kleinen Hunde spüren sich selbst noch nicht gut, da sie noch zu wenig Reize erfahren haben. Darum stolpern Welpen schneller, laufen wo dagegen oder fallen hin. Durch die neuronale Frühstimulation lernen sie ihren Körper wahrzunehmen und zu koordinieren. Das hilft ihnen auch im späteren Leben sicherer auf ihren Beinen zu stehen. Auch der Umgang mit neuen Situationen und das Lösen von Problemen fällt ihnen durch die Frühförderung leichter.
- Unsichere Hunde: Auch Hunde, die unsicher oder ängstlich sind, profitieren vom Training. Durch die kleinen Erfolge werden sie mutiger, selbstsicherer und auch die Beziehung zu dir wird dabei gestärkt. Kleine gemeinsame Erfolgserlebnisse schweißen zusammen.
- Tierschutzhunde: Hunde, die etwa in Zwingern leben mussten, haben ähnlich wie Welpen, zu wenig Reize erfahren und oft eine schlechte Eigenwahrnehmung. Das Defizit der Tiefensensibilität muss also ausgeglichen und geübt werden.
- Hektische Hunde: Übereifrige und unaufmerksamen Hunden kann es dabei helfen sich zu konzentrieren, achtsamer und langsamer zu werden.
- Senioren: Im Alter nehmen die Propriozeptoren ab, weshalb das Training gerade für Seniorhunde ideal ist, um den „wackligen Beinen“ vorzubeugen.
- Rehabilitation: Nach einem Unfall oder einer Operation kann die Propriozeption gestört sein. Um die richtige Gelenkstellung wieder zu lernen und einer erneuten Verletzung vorzubeugen, sollte die Tiefenwahrnehmung geschult werden.
Wie kann die Propriozeption beim Hund geschult werden?
Es gibt viele Arten das Körperbewusstsein deines Hundes gezielt zu verbessern. Hier sind einige Möglichkeiten:
- Untergrundtraining: Das Gehen oder Sitzen auf/über unebene Oberflächen fördert die Eigenwahrnehmung, Koordination und Konzentration. Dabei kannst du z.B. mit Strukturmatten arbeiten, einen Parcours aus diversen Untergründen legen oder in die Natur gehen, um über Wiesen, Baumstämme, Steine etc. zu laufen.
- Balancetraining: Auch beim Balancieren wird die Feinmotorik geschult, das Gleichgewicht und die Muskulatur gestärkt. Dafür eignen sich Balancekissen, schmale Planken, Luftmatratzen, Schaumstoffkissen und Wackelbretter. Eine Kombination aus wackeligen und unebenen Untergründen erschweren die Übungen.
- Hindernisparcours: Lasse deinen Hund über verschiedene Elemente (Strukturmatten, Stangen, kleine Rampen, Balancekissen, etc.) gehen, um die Aufmerksamkeit und die Geschicklichkeit zu fördern.
- Targettraining: Hier kannst du deinen Hund dazu bringen gezielt ein Objekt (Hand, Targetstick, Targetmatten, etc.) mit seiner Nase oder einer Pfote zu berühren. Dabei lernt er seine Gliedmaßen bewusst einzusetzen und seine Körperposition zu kontrollieren.
- Fangen: Eine lustige Übung ist auch das Fangen von einem Leckerli oder Spielzeug. Dabei lernt dein Hund abzuschätzen, wie er sich bewegen muss, um nichts vorbeifliegen zu lassen.
- Isometrische Übungen: Dabei werden die Muskeln deines Hundes angespannt ohne, dass er sich aktiv bewegt (etwa durch vorsichtiges Drücken deiner Hand gegen seinen Körper).
- Massage: Auch das Massieren mit einem Igelball zum Beispiel, setzt Reize an den Pfoten und Gliedmaßen und schafft Bewusstsein für den eigenen Körper.
- Hundespiel: Auch beim Spielen mit anderen Hunden oder mit dir, lernt dein Hund seine Kraft und Entfernungen einzuschätzen. So wird er immer geschickter und hat sich besser unter Kontrolle.
Wie sollten die Übungen gemacht werden?
Es ist wichtig alle Übungen vorsichtig, langsam und auf dem Niveau deines Lieblings durchzuführen. Dein Hund soll nicht kopflos über alle Gegenstände laufen oder nur an ein Leckerli wollen. Er soll sich konzentrieren und achtsam sein. Beginne mit einfachen Übungen und kurzen Trainingseinheiten und steigere diese Schritt für Schritt.
Positive Verstärkung in Form von Lob, Leckerlis und spielerischer Motivation kann dem Hund helfen, motiviert zu bleiben und Spaß an den Übungen zu haben.
Wenn dein Hund irgendwelche gesundheitlichen Probleme hat, ist es ratsam, vor Beginn mit einem/r TiermedizinerIn zu sprechen, um sicherzustellen, dass die Übungen für deinen Hund geeignet sind.

Fazit
Propriozeptive Übungen für Hunde beinhalten oft den Einsatz von instabilen Oberflächen, wie zum Beispiel Strukturmatten oder Balancierbrettern, um das Körperbewusstsein und die Stabilität zu fördern. Die Propriozeption beim Hund hilft ihnen sich besser wahrzunehmen, ihre Muskeln effektiver einzusetzen und ihr Gleichgewicht zu verbessern, was ihnen insgesamt zu einer besseren Körperkontrolle verhilft.