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Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung

Dieser Artikel wurde von TOBALIE in Zusammenarbeit mit Nathalie Sari - Tiertraining & Verhaltensberatung verfasst.

Das Besondere liegt hier auf der Hand, besser gesagt auf der Pfote. In der Regel haben Katzen an den Vorderpfoten 5 und an den Hinterpfoten 4 Zehen. Katzen, die mit Polydaktylie auf die Welt gekommen sind, weisen jeweils mehrere Zehen auf. Wie sich die sogenannte “Vielzehigkeit” auf die Gesundheit unserer geliebten Fellnasen auswirken kann, erfährst du hier.

Wie viele Zehen haben Katzen im Normalfall?

Wie in der Einleitung schon erwähnt, haben Katzen insgesamt 18 Zehen mit dazugehörenden Krallen: An den Vorderpfoten jeweils 5 und pro Hinterpfote 4 Zehen. Die jeweilige fünfte Vorderzehe gleicht dem menschlichen Daumen und befindet sich bei Katzen an der Innenseite der Vorderpfote, meist etwas höher gelegen. Diese Daumenkralle berührt in der Regel nicht den Boden und ist vor allem bei der Jagd von großer Bedeutung.

Doch warum haben Katzen an den Hinterläufen nur vier Zehen? Wir Menschen haben doch auch einen großen Zeh. Warum sich die Natur dazu entschieden hat, Katzen lediglich mit vier Zehen an den Hinterpfoten auszustatten, bleibt uns bisher ein Geheimnis.

Allerdings geht man davon aus, dass die Vorfahren unserer Hauskatzen eine fünfte Zehe an den Hinterläufen hatten. Ein kleines Rudiment, also ein winziges Überbleibsel dieser, ist bei manchen Katzen noch zu erkennen. Betrachte einmal die Hinterpfote deines Lieblings genauer, kannst du diesen kleinen Knubbel an der Innenseite der Hinterpfote erkennen?

Gut zu wissen: Ganz selten sind Katzen immer noch mit dieser fünften Zehe ausgestattet, sie wird im Volksmund als Wolfskralle oder auch als Afterkralle bezeichnet.

Was ist Polydaktylie?

Katzen mit dieser Anomalie (Fehlbildung) leben sozusagen auf großem Fuß, sie kommen mit mehr (teils deformierten) Zehen auf die Welt. Darum spricht man bei Polydaktylie auch von Vielzehigkeit. Dabei gibt es verschiedene Ausprägungsformen.

Bei der häufigsten Form hat jedes Pfötchen eine Zehe mit zusätzlicher Kralle. Demnach wird das Kätzchen mit jeweils 6 Zehen auf den Vorderpfoten und mit je 5 Zehen auf den Hinterpfoten geboren. Meist bildet sich die zusätzliche Zehe an der Innen- oder Außenseite der Pfote (präaxial versus postaxial). Es kann allerdings auch vorkommen, dass sich das zusätzliche Gliedmaß mittig bildet.

Manchmal passiert es, dass nur eine einzelne Pfote betroffen ist oder alle bis auf eine. Außerdem kann auch der Fall eintreten, dass sich auch mehrere Zehen zusätzlich pro Pfötchen bilden. Ein Kater namens Jake hat es sogar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Er führt den Rang mit unglaublichen 28 Zehen an.

Bei manchen Katzen treten Begleiterscheinungen (anatomische Abweichungen) von Carpus (Handwurzel) und Tarsus (Fußwurzel) auf. Auch der Verlust des Sesambeins bis hin zu Verschmelzungen mit benachbarten knöchernen Strukturen ist möglich.

Fun Fact: Der fellige Mitbewohner des Autors Ernest Hemingway namens “Schneewittchen” war eine polydaktyle Katze. Demnach nennt man diese Katzen im Volksmund auch “Hemingway-Katzen”.  

Welche Formen von Polydaktylie gibt es?

Grundsätzlich wird zwischen zwei Formen unterschieden:

  1. Die Mittens-Form: Bei dieser Form bilden sich die zusätzlichen Gliedmaßen an der Innenseite der Pfote. Diese Zehe gleicht einem menschlichen Daumen. Aus diesem Grund gleicht das Pfötchen quasi einem Fäustling oder einem Boxhandschuh.
  2. Die Patty-Foot-Form: Hier sieht das Katzenpfötchen wie ein Hamburger-Patty aus, also kreisrund. Bei dieser Ausprägung wachsen die zusätzlichen Zehen entweder an der Außenseite der Pfote oder in der Mitte.
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Wie entsteht Polydaktylie?

Bei dieser Störung handelt es sich um eine angeborene Genmutation. Ein bestimmtes Gen, das sogenannte Sonic-Hedgehog-Gen (SHH), ist maßgeblich an der Bildung zusätzlicher Zehen beteiligt. Unglücklicherweise ist diese Genmutation autosomal dominant vererbbar. Das bedeutet, es braucht lediglich ein Elternteil mit dieser Mutation, um es an die Nachkommen weiterzugeben. Dabei gibt es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.

Wichtig: Polydaktylie ist angeboren und die zusätzlichen Zehen haben i.d.R. eine dazugehörende Kralle. Wenn deinem Liebling erst im Erwachsenenalter ein scheinbar zusätzliches, krallenloses “Zehchen” wächst, ist auf jeden Fall ein/e TiermedizinerIn zu konsultieren, da es sich im schlimmsten Fall um einen Tumor handeln kann.

Gibt es Katzenrassen die häufiger zu Polydaktylie tendieren?

Grundsätzlich kann diese Genmutation bei jeder Katze auftreten. Allerdings gibt es Katzenrassen, die statistisch gesehen häufiger dazu neigen. Dazu gehören:

Welche gesundheitlichen Probleme kann Polydaktylie auslösen?

Diese mutierten Pfötchen mögen zwar für manche Menschen süß aussehen, allerdings können damit auch einige gesundheitliche Risiken für unsere geliebten Stubentiger einhergehen:

  • Veränderungen in der Knochenstruktur (Zeh- und Mittelfußknochen).
  • Diese knöchernen Veränderungen können einen Einfluss auf die Beweglichkeit haben.
  • Diese Fehlstellung kann, z.B. durch einseitige Abnutzung, zu Schmerzen führen.
  • Die Verletzungsgefahr steigt an. Die zusätzlichen Zehen neigen dazu, einzureißen bzw. im schlimmsten Fall auszureißen. Einige Katzen bleiben auch deutlich öfters an Gegenständen o.Ä. hängen und können sich so weh tun.
  • Durch mögliche offene Wunden steigt die Entzündungs- und Infektionsgefahr.
  • Unbenützte Krallen können schneller einwachsen.

Tipp: Hat deine Katze zu viele Zehen achte besonders auf die Krallenpflege und schneide unbenützte Krallen regelmäßig, damit diese nicht einwachsen und zu Schmerzen und erhöhter Verletzungsgefahr führen.

“Superscratcher” versus Qualzucht.

In Amerika ticken die Uhren teilweise etwas anders. Dort werden sogar eigene polydaktyle Katzenrassen gezüchtet, sogenannte “Superscratcher”. Die möglichen gesundheitlichen Folgen werden dort meist ausgeblendet. Es wird damit geworben, dass Katzen mit zusätzlichen Zehen einen erheblichen Vorteil gegenüber “normalen” Katzen haben, quasi eine “Superkraft” besitzen. In Amerika wird Superscratchern nachgesagt besser klettern und die Balance halten zu können. Dies bleibt an dieser Stelle einmal unkommentiert.

In Deutschland sieht die Sache schon etwas anders aus: Gemäß §11b des deutschen Tierschutzgesetzes sind Katzen mit der beschriebenen Genmutation als Qualzucht einzuordnen. Das heißt, in Deutschland gilt ein Zuchtverbot in Abhängigkeit des Ausprägungsgrades. Auch das Ausstellen dieser ist in Deutschland verboten.

Begründet wird diese Entscheidung dadurch, dass es sich um eine Umgestaltung eines Körperorgans (Zehen) mit teilweiser Funktionseinschränkung handelt. Ebenso besteht die Erwartung an Schäden, Leiden und Schmerzen. Außerdem argumentiert der Tierschutz, dass die Katze mit einer Einschränkung des arteigenen Ausdrucksverhalten leben muss.

Auch in Österreich verbietet das Tierschutzgesetz, Tieren ungerechtfertigt Leid, Schmerzen und Schäden zuzufügen. Aus obiger Sicht ist Polydaktylie bei Katzen demnach einzuordnen.

Fazit

Die Meinungen über Polydaktylie bei Katzen spalten die Gemüter. Wo einige einen Vorteil für die Katze sehen, sehen andere darin ganz klar viele Nachteile und zählen diese Mutation zur Qualzucht. Eines steht allerdings fest: Das Wohlergehen unserer geliebten Fellnasen sollte stets an erster Stelle stehen. Sobald ein Risiko für die Gesundheit der Katze besteht, ist davon Distanz zu nehmen! Bedenke beim Kauf, dass es nicht um noch ausgefallener geht. Jede Katze ist so und so einzigartig und sollte möglichst gesund und glücklich bei dir leben können.